Artgerechte Kaninchen- und Meerschweinchenhaltung

Allgemeine Tipps

Zwei-Tier- oder Gruppenhaltung

Kaninchen und Meerschweinchen sind Gruppentiere. Wenn sie alleine gehalten werden, fehlen ihnen die Artgenossen. Man kann Kaninchen zwar prima mit Meerschweinchen halten, aber in so eine "bunte" Gruppe gehören immer mindestens zwei Tiere jeder Art, denn Meerschweinchen können nun mal nicht "kaninisch" reden und Kaninchen nicht "meerschweinisch".

Bunte Gruppe Kaninchen und Meerschweinchen im Auslauf

Trotz aller Vorzüge der Gruppenhaltung muß man leider erwähnen, dass es immer wieder mal unverträgliche Tiere gibt, insbesondere sind manche Kaninchen-Damen extrem zickig.

Dies liegt u.A. an ihrem Hormonhaushalt: alle Kaninchen machen eine Phase der Hitze durch, in der sie einen Bock suchen, und später eine Phase der Scheinträchtigkeit, in der sie den Trieb haben, ein Nest zu bauen und zu beschützen. Dies geschieht unabhängig davon, ob die Tiere Babies bekommen oder nicht.

Je nach Kaninchen kann dieser Trieb so stark sein, dass sie sich sogar rupft, Heu herumträgt, Nester baut und auch aggressiv gegen andere Artgenossen oder gar uns Menschen wird. Im Extremfall kann diese Hormonverwirrung mit Medikamenten behandelt werden. Manche Kaninchendamen sind dennoch so "böse" zu anderen Kaninchen, dass man sie besser alleine hält. Auch Kaninchen oder Meerschweinchen, die schon länger alleine waren, lassen sich manchmal schlecht vergesellschaften.

Beachten Sie bei Gruppenhaltung auch, dass beide Tierarten sehr fortpflanzungsfreudig sind. Kaninchen vermehren sich so gut, dass es sogar ein Sprichwort darüber gibt ...

Geschlechtsgetrennte Gruppen sind empfehlenswert. Am Besten vertragen sich meist Männchengruppen. Bei Problemen kann man Kaninchen- und Meerschweinchen-Männchen auch kastrieren. Unverträgliche Weibchen sollte man aber lieber separat halten.

Stall und Einrichtung

Ein Stall muß immer so groß sein, dass sich die Tiere darin auch mal die Beine vertreten können. Die "alten Hasenkisten" unserer Eltern und Großeltern sind dafür nicht geeignet. Zwei Zwergkaninchen z.B. sollten mindestens 60 x 100 cm2 Platz zum Wohnen haben.

Artgerechter Kaninchenkäfig für Zimmerhaltung

Ein Häuschen zum Verstecken ist wichtig und sollte so groß sein, dass alle Tiere gleichzeitig bequem darin Platz haben. Im Käfig brauchen Ihre hoppelnden Lieblinge noch eine saubere und stets mit leckerem Grünfutter, Obst und Gemüse gefüllte Futterschale und eine Heuecke oder Heuraufe. Vorsicht! Viele Kaninchen oder Meerschweinchen sitzen gerne mitten im Heu, viele der im Handel erhältlichen Heuraufen bergen aber Verletzungsgefahr. Ab und zu werden sogar Kaninchen mit gebrochenen Beinen in die Praxis gebracht, die im Gitter der Heuraufe hängen geblieben sind. Im Zweifelsfall lieber ganz auf Heuraufen verzichten und statt dessen täglich die Heuecke leeren und mit frischem Heu auffüllen, sonst wird das Heu zu schnell mit Urin und Kot verschmutzt und wird dadurch ungenießbar. Eine täglich frisch gefüllte Wasserflasche mit Nippeltränke oder eine Wasserschale sind ein absolutes Muß. Wasserschalen haben allerdings den Nachteil, dass viele Tiere das Wasser mit Kot und Einstreu verschmutzen.

Kaninchen und sogar manche Meerschweinchen haben eine Lieblingstoilettenecke. Man kann in diese Ecke auch eine kleine Kaninchentoilette (ähnlich einer Katzentoilette) stellen. Als Einstreu eignet sich einfach Holzhäcksel oder kompostierbare Katzenstreu auf Strohbasis oder Bentonitgranulat. Die Toilette sollte so bemessen sein, dass ein Kaninchen bequem darin sitzen kann. Der Käfig darf nicht in der Zugluft stehen, da Kaninchen sehr empfindliche Schleimhäute haben. Der Käfig muß mindestens wöchentlich gereinigt werden, die Toilettenecke am Besten sogar täglich.

Außenhaltung

Freigehege

Die beste, artgerechte Haltung ist die in einem großzügig bemessenen Freigehege. Hier können sich die Kaninchen und Meerschweinchen so richtig wohl fühlen. Da Marder sehr gefährlich für unsere kleinen Lieblinge sind, muß der Käfigauslauf "einbruchsicher" sein.

Artgerechtes Kaninchenfreigehege

Am Besten ist ein mit festen Riegeln (gut ist doppelte Sicherung) verschlossener Holzauslauf, der mit stabilem verzinktem Kaninchendraht bespannt ist (ein Elektrotacker ist übrigens sehr nützlich für den Stallbau). Der Auslauf benötigt ein Dach aus Kaninchendraht. Wenn man die Tiere nur tagsüber im Auslauf läßt und über Nacht in die Schutzhäuschen oder den Zimmerkäfig sperrt, kann man evtl. auf das Dach verzichten. Wenn kein natürlicher Schatten vorhanden ist (Bäume oder Sträucher direkt am Gehege), empfiehlt es sich, einen Teil der Südseite mit einer festen Wand aus Holz zu versehen und einen Teil des Drahtdaches mit Holz zu überdachen.

Zum Schutz vor der Witterung kann das Holzdach mit Teerpappe bespannt werden oder auch einfach statt Holz eine dicke Plastiktafel (vielleicht ein altes Werbeschild o.Ä.) verwendet werden. Da Marder gut graben können, muß der Boden des Auslaufes mit einem stabilen, etwas großmaschigeren Drahtgeflecht (z.B. eloxierter Maschendraht für Zäune) bespannt werden. Dieser Draht verhindert auch, dass sich die Kaninchen nach draußen buddeln. Über den Bodendraht kommt dann eine ca. 10 cm dicke Schicht Bodenstreu (sehr gut geeignet und preiswert ist Rindenmulch).

Die Größe eines solchen Geheges richtet sich nach der Größe und Anzahl der darin lebenden Tiere. Zwei Zwergkaninchen zum Beispiel brauchen ca. 100 x 150 cm2 Platz. Die Käfighöhe ist Geschmackssache. Man kann mannshohe Gehege bauen, in denen man selbst bequem stehen und gehen kann, oder man versieht den Auslauf mit vielen Klapp-Türen im Dach, um überall reinigen zu können. Auf jeden Fall muß die Höhe so bemessen sein, dass die Kaninchen darin auch mal hüpfen können, also mindestens 50 cm hoch.

Schutzhäuschen

Für heiße Sommertage und kalte Winternächte brauchen die Kaninchen und/oder Meerschweinchen unbedingt ein Schutzhaus.

Ein oder zwei große Schutzhäuschen auf Stelzen gebaut, oder einfach auf eine alte Industriepalette gestellt (gegen die Bodenkälte und Nässe), bieten Schutz, wenn Feinde wie Katzen oder gar Marder ums Gehege streichen.

Man kann diese Schutzhäschen einfach ins Gehege stellen oder ans Gehege stellen und durch einen Ausschnitt im Draht und eine Rahmenbefestigung am Haus, anbauen. So kann man auch immer mal um- und anbauen und ganze Kaninchenstädte bauen. Das Schutzhaus muß allen Tieren bequem Platz bieten, bei Gruppenhaltung ist es besser, mehrere Häuschen zu haben, damit es keinen Streit gibt.

Kaninchen-Schutzhaus    

Gegen die Witterung muß das Haus mit einem schräg abfallenden Dach versehen sein, das man am Besten mit Teerpappe bespannt. Die Wände und den Boden baut man am Besten doppelwandig, damit es nicht durch die Ritzen zieht. Ein preiswertes und stabiles (und leicht zu verarbeitendes Baumaterial) sind Holzbauplatten aus dem Baumarkt. Man kann auch einfach eine Hasenhaus von der Stange einbauen. Toll ist es, wenn man eine Isolationsschicht aus Styropor oder einer Isomatte zwischen die Holzschichten baut.

Damit es im Haus schön kuschelig ist, sollte der Eingang nicht auf der Wetterseite liegen. Toll ist ein kleiner Windfang oder Vorraum. Den Durchschlupf sollte man nur so groß machen, dass das größte Tier noch bequem hindurch kann. Als Einstreu für die Schutzhäuschen eignen sich Holzspan-Einstreu oder Strohpellets. Im Winter ist eine dicke Schicht aus kuscheligem Stroh sinnvoll.

Einrichtung

Schemazeichnung Kaninchenfreigehege

Frisches Futter und Wasser brauchen natürlich auch unsere draußen lebenden Freunde. Damit Heu und Trockenfutter nicht naß werden, kann man einen überdachten Futterplatz bauen oder ein separates Futterhaus ins Gehege stellen. Sinnvoll ist es, wenn man ans Futterhaus oder den Futterplatz gut herankommt, ohne immer das Gehege betreten zu müssen. Ggfs. den Futterplatz direkt ans Gitter bauen und dort eine separate Tür anbringen.

Zum Spielen eignen sich Holzstämme und Äste von Obst-, Weiden- oder Haselnußbäumen. Treppen zu den Hauseingängen sollten nicht zu steil sein und mindestens 20 cm breit sein. Um Abrutschen zu verhindern, brauchen die Rampen querverlaufende Latten, die Halt geben. Eine höher gelegene Veranda lädt dazu ein, sich auf dem Dach zu sonnen.

Besonderheiten der Pflege von robust gehaltenen Kaninchen und Meerschweinchen

So ausgestattet können Kaninchen und Meerschweinchen auch kalte Winter gut überstehen. Vergessen Sie aber nicht, Ihre Tiere mindesten einmal täglich zu besuchen und sich von ihrem Gesundheitszustand zu vergewissern. Empfehlenswert ist auch, besonders Freilauf- oder Freigehege-Kaninchen regelmäßig zu impfen, da hier das Infektionsrisiko deutlich höher ist als bei reiner Wohnungshaltung.

Im Sommer bitte besonders auf Durchfall achten, denn verklebter Kot am Po lockt Fliegen an, aus deren Eiern Maden schlüpfen, die sich in die Haut einbohren und unsere Kaninchen oder Meerschweinchen bei lebendigem Leib auffressen können. Wenn man nicht schnellstens eingreift, ist das leider eine häufige Todesursache von Kaninchen. Übrigens kann dieses Schicksal auch Wohnungskaninchen treffen, wenn ihr Po mit Kot verschmutzt ist.

Im Winter friert das Trinkwasser meist schnell ein, so dass man sich eines Tricks behelfen muß, um die Tiere mit ausreichend Wasser zu versorgen: frisches Obst und Gemüse (z.B. Futterrüben vom Bauern, oder einfach Karotten und Äpfel). Die Luxusvariante sind heizbare Wasserflaschen, die es im Tierspezialhandel gibt. Im Winter bitte besonders auf Erkältungskrankheiten achten, da Tiere mit Fieber nicht draußen bleiben sollten. Vorbeugend hilft eine gute Vitamin-Versorgung oder homöopathische Tropfen, die die Abwehr stärken helfen.

Wohnungshaltung

Wohnungskaninchen brauchen zusätzlich zu ihrem Stall noch mindestens täglichen Auslauf in der Wohnung. Spielgeräte wie Holzbäume, auf die man Futter aufspießen kann, oder Brücken und Leitern, die für Spaß sorgen und Fettsucht vorbeugen, sind eine gute Idee. Leider sind viele Wohnungskaninchen furchtbar dick, und viele von Ihnen bekommen im Alter gefährliche Leberprobleme. Achten Sie beim Freilauf unbedingt darauf, dass die Kaninchen oder Meerschweinchen nichts annagen, was ihnen nicht bekommt. Insbesondere Stromkabel sind sehr gefährlich, und Teppichfasern können zum tödlichen Darmverschluß führen.

Sommerfrische im Gartenauslauf

Ein Tagesauslauf braucht nicht unbedingt einen Boden (wie das Freigehege), es reicht, wenn die Seiten gut vergittert sind, und eine Abdeckung gegen Räuber vorhanden ist. Wenn Sie die Tiere STÄNDIG unter Aufsicht haben, kann die Abdeckung auch fehlen. Wichtig ist eine Schattenecke (denn besonders Meerschweinchen bekommen sehr schnell einen Hitzschlag, an dem sie sterben können), ein Futternapf und eine Wasserflasche. Ein kleines Schutzhäuschen zum Verkriechen darf auch nicht fehlen. Prima sind die im Handel erhältlichen kleinen Ausläufe aus Drahtgittern mit eingebautem Haus.

So ausgerüstet geht es "Hoppel" und "Meeri" bestimmt prächtig.


Kleintierpraxis Möller-Seeling, Berstadt, 31.10.2004